Die Madonna von Warendorf (restauriert)
Ich möchte euch etwas erzählen über die „Wundertätige
Muttergottes von Warendorf:
Wer die Gottesmutter Maria ist, das wisst ihr ja: Der Name sagt
es schon: Die Mutter von Jesus. Sie hat ihn groß gezogen und hat mit
viel Liebe und Fürsorge seinen Lebensweg begleitet. Darum haben die
Menschen von jeher tiefes Vertrauen zu Maria und in allen katholischen
Kirchen finden sich Statuen und Bilder von der Gottesmutter.
Schon seit vielen Jahrhunderten wird in Warendorf die
„Glorreiche Muttergottes“ verehrte. Glorreich heißt sie, weil sie hier
in all ihrer Pracht gezeigt wird, wie eine Königin mit Jesus auf dem
Arm, man nennt sie darum auch Himmelskönigin. Wenn Menschen in Not
waren, riefen sie die „Wundertätige Muttergottes“ um Hilfe an. Früher
gerieten die Menschen oft in Not. Wenn ihr krank werdet, dann gehen eure
Eltern mit euch zum Arzt, der verschreibt die richtige Medizin und ihr
seid bald wieder gesund. Das war früher nicht möglich, denn die meisten
Leute hatten nicht genügend Geld, um einen Arzt aufzusuchen und es gab
für viele Krankheiten noch keine wirksame Medizin. Darum beteten die
Menschen damals viel mehr und riefen ganz besonders Maria, die Mutter
Gottes um Hilfe an. Ja, die Menschen glaubten ganz fest, dass sie Wunder
bewirken konnte. Und manchmal geschah auch ein Wunder. Von einem Wunder,
das im Jahr 1695, also vor über 300 Jahren geschah, möchte ich euch
erzählen:
Auf der Oststraße wohnte die neunjährige Ursula. Sie war als
kleines Kind an Windpocken erkrankt gewesen und hatte ihr Augenlicht
dadurch verloren. Also: Sie war blind. Sie war trotzdem ein fröhliches
Kind, aber es machte sie sehr traurig, dass sie nicht mit der Prozession
nach Vohren gehen konnte, denn sie verehrte die Glorreiche Muttergottes
aus der Laurentiuskirche sehr. Diese Warendorfer Madonna wurde bei der
Prozession nach Vohren durch die Felder getragen, bei der die Menschen
für eine gute Ernte beteten. Wenn die Ernte durch Hagel oder zu große
Trockenheit schlecht ausfiel, mussten viele Menschen in Warendorfer
hungern. Das durfte nicht geschehen.
Große Stadtprozession Die schwarze Madonna mit Votivgaben |
Als die Prozession nach Vohren wieder in die Stadt
zurückkam, gab es einem heftigen Regenschauer. Nun hatte auch damals
schon die Warendorfer Madonna sehr kostbare Kleider, die nicht nass
werden durften. Darum flüchteten die Devotessen, das sind die jungen
Mädchen, die die Madonna tragen durften, in das nächste Haus. Das war
zufällig das Haus, in dem die kleine, blinde Ursula wohnte und nun auf
die Rückkehr der Prozession wartete. Das blinde Mädchen war zuerst ganz
erschrocken, dann fasste sie all ihren Mut zusammen und fragte eine der
Frauen, ob sie die glorreiche Gottesmutter sehen dürfe. „Du kannst doch
nicht sehen“, sagte die Frau zu ihr. „Dann lass sie mich doch wenigsten
einmal fühlen“! Und ganz vorsichtig berührte sie das Kleid der Mutter
Gottes. Sie glaubte ganz fest, dass die Gottesmutter ihr helfen könnte.
Die Frauen beteten die Lauretanische Litanei. Als sie zu der Bitte: „Du
Helferin der Christenheit“ kamen, sagte eine Nachbarin inbrünstig: „Do
help dat arme Kind doch!“ Das ist plattdeutsch, so sprach man damals in
Warendorf und das heißt: „So hilf dem armen Kind doch!“ Bei diesen
Worten „brachen der kleinen Ursula die Augen auf“, so steht es
geschrieben und sie konnte wieder sehen und sie sah die Madonna in ihrer
ganzen Pracht. Ursula dankte Maria ihr Leben lang für dieses Wunder und
als sie genügend Geld zusammengespart hatte, ließ sie ein silbernes
Krönchen anfertigen, dass sie der Gottesmutter schenkte. Immer wieder
kam es zu aufsehenerregenden Heilungen, für die es keine natürliche
Erklärung gab. Immer mehr Menschen baten die Gottes-mutter um Hilfe.
Besonders in Notzeiten und während der schrecklichen Kriege fanden die
Gläubigen hier Trost und neue Hoffnung. Zum Zeichen ihres Dankes
schenkten viele Gläubige der Gottesmutter silberne Gaben, die man
Votivgaben nennt, wie z.B. das silberne Krönchen der blinden Ursula oder
ein silbernes Bein oder ein silbernes Herz oder die Nachbildung eines
kleinen Kindes, wenn ein Kind schwer krank war. Oft kam es auch vor,
dass dankbare Gläubige einfach ihre Halskette oder ihren Ring abnahmen
und ihn der Gottesmutter schenkten.
Zu Mariä Himmelfahrt kommen jedes Jahr viele Tausend Menschen
nach Warendorf, um an der abendlichen Beleuchtung der Altstadt und an
der sonntäglichen Prozession teil zu nehmen, die zu Ehren der
Muttergottes stattfindet. Das Madonnenbild hier in der Kirche ist dann
besonders festlich geschmückt und die viele Votivgaben werden
ausgestellt.
Im
Jahr 2002, kurz vor Mariä Himmelfahrt, passierte in der Laurentiuskirche
ein schreckliches Unglück. Ein zwölfjähriges Mädchen zündete für die
Muttergottes ein Kerzchen an. Sie hatte sicher eine ganz besondere
Bitte, vielleicht war jemand krank oder sie schrieb am nächsten Tag eine
schwere Klassenarbeit. Darum wollte sie die Kerze ganz nahe an die
Muttergottes stellen, die damals noch nicht in einem Glaskasten stand.
Das Kleid der Muttergottes fing Feuer und im Nu stand die Madonna in
Flammen. Ein älteres Ehepaar versuchte mit dem Wasser aus den
Blumenvasen das Feuer zu löschen, aber das Kleid und noch schlimmer, das
Gesicht der Madonna verbrannte. Wundersamer Weise ist das Jesuskind und
die Weltkugel weitgehend verschont geblieben. Damals herrschte großes
Entsetzen und Ratlosigkeit bei den Gläubigen. Nach langem Überlegen
wurde ein Künstler beauftragt, eine Kopie des Madonnenstatue zu
erstellen. Als die neue Madonna aufgestellt wurde, waren die Gläubigen
gar nicht glücklich, das war nicht ihre wundertätige Madonna. Sie hatte
keine Ausstrahlung, sie war eben nur eine Kopie. Darum wurde die
verbrannte Muttergottes wieder an ihren Platz gestellt, geschützt durch
einen Glaskasten. Warendorf hatte jetzt eine „Schwarze Madonna“ und man
stellte fest, dass dieses verletzte Gnadenbild die Gläubigen in einer
ganz besonderen Weise anspricht.
Die damals angefertigte Kopie steht in der Seitenkapelle. Sie
wird bei der Mariä-Himmelfahrts-Prozession durch die Straßen getragen,
denn die „Schwarze Madonna“ darf nicht mehr bewegt werden.
So hat sich alles doch noch zum Guten gewendet.
Geschichte neu erzählt für Kinder:
Die wundertätige Madonna von Warendorf
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