Warnuorp. To den lesten Krinknommdag int Malteser
Marienheim konn de Baas, Franz Schulze Nahrup, ne ganze Masse Lüe
begrüßen. Nen Extragruß gong an de Vösitzende von den Heimatverein (wie
von Plattdütsken Krink sin daovon ene Abteilung), Mechthild Wolff. De
Baas freiere sick auck, dat Resi Hülsmann dao was. Se hät fröher vierl
vödruogen un auck kleine Sketsche metspierlt. Von Dage kann se nich mä
recht wat völiäsen, well dat öhre Augen nich mä metmakt. Se is all
telange ut de Schoole.
Met dat Leed „Moderspraoke wat klings du söt“ von Natz Thier gongt met dat Programm loss. Josef Bussmann druog de Vetellsels „ Et wäd wiee grön, wie häbt April“ und „In,n Fröhjaohr wäd de lange Unnerbücks unnerplögt“ vüör. Heinz Beckhove harr „Märtentiet-Märtenluft-Fröhjaohrsduft“ un „De Breefdriäger kümp üöveall henn“. Well dat et de lesten Dage sovull Riänget harr, wour dat Leed „Wenn alle Pütts vull Water sind“ sungen. Daobie konnen de Lüe es en lük Damp aflaoten,well dat se de ganze Tiet still wassen. Wieder gongt int Programm met Gerda de Byl „Dao is de Anton Schuld dran“ En Vetellsel, wo sick de Pastor wünnere, dat in de ganze Bueschup sovull Kinner wassen. Jau hät em ene Buenfrau seggt: Ümmer wenn morns üm fief Uhr de Pengelanton tutet wä wie wack un tot Upstaohn ist to fröh und tot Wiederschlaopen te laat, dabie passeet dat dann.“
Ernst Ruhe harr besinnlike und lustige Vetellsels. Dann kam Heinrich Hellmann und Josef Bussmann tesammen to Wuort. Heinrich stellere sick es Knecht met sinen Hektor bie den grauten Buen Graute Bussmann vö. He harr genaue Vöstellungen, wat he alle hemmen wull. Owe anlest frog em de Bue, ow he auk Klaveer spierlen könne. Dat könnere he nicht. Graute Bussmann meinere dann, dann kank die bie urs nich gebruken. Tüschkendüör wuor ümmer wie sungen. So gongen plaseelike Annerthalf Stunnen up üöhr Enne to un man freit sick all up den neichsten Krinknommdag an,n 8. Mai wie int Malteser Marienheim.
Übergabe des Heimatpreises:
Kulturamtsleiter Wolfgang Türk und die stellvertretende Bürgermeisterin
Doris Kaiser, der Ehrenvorsitzenden des Heimatvereins Prof. Dr. Paul
Leidinger, die Vorsitzende des Heimatvereins Mechtild Wolff und der
Vorsitzende der Kapellengemeinschaft Buddenbaum Heiner Ruthmann
Einen ungewöhnlichen Ort für die Verleihung des Heimatpreises
2023 hat sich die Stadt Warendorf ausgesucht – das Gadem am Zuckertimpen
4, ein historisches „Kleine-Leute-Haus“, in dem die Besucher erleben
können, wie man in den 1920er Jahren wohnte. Traditionell werden hier am
Karfreitag auf dem alten Küchenherd Struwen gebacken und mit Wohlbehagen
verzehrt.
Am 29. März 2023 versammelten sich im historischen Gadem die
Preisträger des Heimatpreises, Laudatoren und Gäste. Die
stellvertretende Bürgermeisterin Doris Kaiser, die für den erkrankten
Peter Horstmann eingesprungen war, beschrieb in ihrer Rede den Begriff
Heimat als ein Paradies der Erinnerungen. Um den Stellenwert der Heimat
wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken, legte das Ministerium für
Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes
Nordrhein-Westfalen den Heimatpreis auf, dessen „Ziel ist es, Menschen
für lokale und regionale Besonderheiten zu begeistern und die positiv
gelebte Vielfalt und Gemeinschaft in unserer Stadt deutlich sichtbar
werden zu lassen.“ Der Kulturamtsleiter Wolfgang Türk übergab die Preise
im Namen der Stadt und sagte: „Geehrt werden sollen heute zwei Vereine,
die in nahezu mustergültiger Art und Weise den Vorgaben des
Heimatpreises entsprechen, stiftet doch ihr jahrzehntelanges Engagement
für Stadt und Region identifikationsstärkende, sichtbare wie ablesbare
Zeugnisse in unserer Alltagswelt“.
Zunächst ehrte er die Kapellengemeinschaft Buddenbaum mit dem
mit 2.000 Euro dotierten zweiten Preis, den er dem langjährigen
Vorsitzenden Heiner Ruthmann überreichte. Dies sei Motivation und Hilfe
weiterzumachen, bedankte sich Ruthmann und betonte, dass bei der Pflege
der Kapelle zwar der christliche Glaube und die Gestaltung der
jährlichen Wallfahrtswoche im Vordergrund stehe, aber auch die Erhaltung
des Denkmals Buddenbaumkapelle als Zentrum der Bauerschaft Buddenbaum
eine oft herausfordernde Aufgabe sei. Die Arbeit fördere die
Gemeinschaft und schweiße die Mitglieder im Alter von 8 bis 88 Jahren
zusammen. „Der Heimatpreis ist bei uns also gut aufgehoben“, betonte er
augenzwinkernd.
Dass der mit 3.000 Euro dotierte erste Preis beim Heimatverein
Warendorf gut aufgehoben war, zeigte sich schon am Ort der Verleihung,
dem Gadem, das im Besitz des Heimatvereins und der Altstadtfreunde ist
und einen wichtigen Teil des Dezentralen Stadtmuseums darstellt. „Es war
längst fällig, dass unser überaus engagierter Heimatverein ausgezeichnet
wird“, unterstrich die stellv. Bürgermeisterin Doris Kaiser in ihren
Lobesworten für den 1902 erstmals gegründeten Verein, der durch seine
Geschichtswerkstatt, Ausstellungen, Stadtrundgänge, Runde Tische,
Klön-Nachmittage, Friedhofsführungen und vieles mehr zum lebendigen
Kulturleben der Stadt Warendorf beiträgt.
Die
Vorsitzende Mechthild Wolff bekannte in ihrer Dankesrede, dass der
Verein von der Würdigung überrascht gewesen sei „denn auch wir wissen,
dass in unserer „woken“ Zeit, Tradition nicht mehr so gefragt ist“. Die
Aufgabe des Heimatvereins sei es, Geschichte und Traditionen der Stadt
lebendig zu erhalten. „Denn da liegen unsere Wurzeln und der Mensch
braucht Wurzeln“, verdeutlichte Wolff, die in ihrer Rede den ehemaligen
Vorsitzenden sowie allen jenen dankte „die den Laden am Laufen halten“.
Es sei nicht Aufgabe des Vereins, sich beliebt zu machen „Wir haben eine
optimale Weiterentwicklung unserer Stadt als Ziel und versuchen Irrwege
zu verhindern“, erläuterte sie und nannte einige vergangene und aktuelle
Beispiele, für die sich der Heimatverein engagiert.
Für einen plattdeutschen Abschluss der Preisverleihung sorgten
Celina Wolff mit der Rezitation von Augustin Wibbelts Gedicht „Dat
Pöggsken“ und Franz Schulze Nahrup mit dem gemeinsam auf Platt
gesungenen Lied „Uese Warnduorp“, das er mit seinem „Treckebühl“
begleitete.
Im Hintergrund brutzelten bereits die Struwen auf dem
historischen, mit Holz befeuerten Küchenherd und verbreiteten einen
köstlichen Duft. Zu diesem traditionellen Fastenessen mit einer Tasse
Muckefuck, wie ihn die einfachen Leute hier im Gadem schon vor 100
Jahren getrunken haben, lud der Heimatverein alle Gäste herzlich ein. In
den gemütlichen historischen Wohnstuben wurde dann so manche Geschichte
aus der „guten, alten Zeit“ hervorgekramt und lustige plattdeutsche
Dönekes zum Besten gegeben.
Backten Struwen, brühten Muckefuck
auf und versorgten die Gäste: Jutta Dick, Marta Redemann, Marie-Luise
Mönnigmann und Celina Wolff waren nur vier der am Karfreitag
vielbeschäftigten Helferinnen
Warendorf, am 29. März 2024 im Gadem am Zuckertimpen 4
Dir,
liebe Frau Bürgermeisterin Doris Kaiser und Ihnen, lieber Herr
Kulturamtsleiter Wolfgang Türk und der hochgeschätzten Jury gilt ein
herzliches Dankeschön, dass Sie die Arbeit des Heimatvereins Warendorf
mit dem Heimatpreis 2023 gewürdigt haben.
Ja, Sie haben uns damit sehr überrascht, denn auch wir wissen,
dass in unserer woken Zeit Tradition nicht mehr so gefragt ist – man
lebt im Heute, man lebt gegenwartsfixiert.
Der Heimatverein aber sieht seine Aufgabe darin, die Geschichte
und die Traditionen unserer Stadt lebendig zu halten, denn da liegen
unsere Wurzeln und der Mensch braucht Wurzeln, genau wie ein Baum. Je
tiefer die Wurzeln sind, umso stabiler ist der Mensch - umso stabiler
ist die Gesellschaft. Ohne Wurzeln wird der Mensch, wird die
Gesellschaft instabil und somit manipulationsanfällig. Und das ist nicht
gut für uns alle.
Eine gute Idee war es, lieber Bernward, das Du den Heimatverein
für den Heimatpreis vorgeschlagen hast und – wie man sieht – eine
erfolgreiche Idee. Ein herzliches Dankeschön dafür.
Danken möchte ich auch allen, die sich – wie man so schön sagt
– um den Heimatverein verdient gemacht haben und dadurch auf
verschiedenartige Weise zu einer guten Weiterentwicklung unserer schönen
Stadt Warendorf beigetragen haben.
Eigentlich müsste ich jetzt bei Wilhelm Zuhorn beginnen, der
1902 den Heimatverein gründete und schon damals die erste Geschichte der
Stadt Warendorf schrieb, die bis heute für viele Geschichtsinteressierte
eine Fundgrube ist.
Ich will aber einen großen Sprung machen in die 1970er Jahre,
obwohl es in der Zwischenzeit sehr viele Heimatfreunde gab, deren
segensreiches Wirken gewürdigt werden müsste.
Herzlich möchte ich jetzt den langjährigen Vorsitzenden und
heutigen Ehrenvorsitzenden des Heimatvereins Dr. Paul Leidinger
begrüßen. Lieber Paul, wir freuen uns sehr, dass Du an der heutigen
Ehrung teilnehmen kannst, die zu einem großen Teil auch Dir gebührt. Du
warst der Vorsitzende des Heimatvereins in den schwierigen 1970er und
80er Jahren und hast zusammen mit Wilhelm Veltmann unsere Stadt vor
gefährlichen Irrwegen bewahrt. Und Du hast in all den Jahren an der
Erforschung der Warendorfer Geschichte gearbeitet, und sie in den
„Warendorfer Schriften“ der Öffentlichkeit zugängig gemacht. Als Krönung
hast Du im Jubiläumsjahr 2000 eine neue umfangreiche Stadtgeschichte
herausgegeben – eine wahre Fundgrube für alle Bürger. Ja, lieber Paul,
mit diesem Preis wird auch Dir Dank gesagt.
Die nachfolgenden Vorsitzenden Rainer A. Krewerth, Franz Bülte,
und Norbert Funken haben diese Arbeit mit viel Engagement weitergeführt,
jeder hatte seine persönlichen Schwerpunkte, aber immer blieb der
Heimatverein in seinen Themen vielseitig, um den Mitgliedern und auch
den Warendorfer Bürgern interessante Angebote zu machen. Auch als
Ehrenvorsitzender ist Norbert Funken noch immer ein aktives Mitglied
unseres Vorstandes, der jederzeit bereit ist, sich für Aufgaben zur
Verfügung zu stellen. Mit seinem ja leider verstorbenen Vorgänger Franz
Bülte hat er sich für die Einrichtung dieses Gadems (Eröffnung 1997)
engagiert. Ja, es war schon mutig, damals, zusammen mit den
Altstadtfreunden, solch ein Haus zu kaufen und zu sanieren und es im
Rahmen des Dezentralen Stadtmuseums mit vielen ehrenamtlichen Helfern
der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Heute kann jeder hier an
Sonntagnachmittagen in die Welt der 1920er Jahre eintauchen.
Dafür gilt allen ein herzliches Dankeschön.
Ja, ein Verein wird von vielen Schulten getragen. Die heutige
Ehrung gilt insbesondere den Vorstands- und Beiratsmitgliedern, die den
„Laden“ am Laufen halten, die das tägliche Klein-Klein regeln, die die
Protokolle schreiben, die die Finanzen in Ordnung halten, die
Veranstaltungen, Ausflüge und Ausstellungen organisieren, die
Warendorfer Geschichte aufarbeiten und Presseberichte schreiben, die die
plattdeutsche Sprache lebendig halten, die das Dezentrale Stadtmuseum
betreuen, die unsere Homepage gestalten und die „Warendorfer Schriften“
und den „Kiepenkerl“ herausgeben.
Der Heimatverein war und ist nicht immer bequem, nicht immer
derselben Meinung wie Verwaltung und Politik. Aber es ist auch nicht
unsere Aufgabe, uns beliebt zu machen. Wir haben eine optimale
Weiterentwicklung unserer Heimatstadt als Ziel und versuchen, Irrwege zu
verhindern, wie z.B. das Feuerwehrgerätehaus im Sophienpark oder die
Event-Gastronomie im Emspark. Wir haben für eine altstadtgerechte
Pflasterung des Marktplatzes gekämpft und für den Erhalt der
historischen Gebäude der Firma Brinkhaus und vieles mehr. Und wir setzen
uns nach wie vor dafür ein, dass die Emsinsel eine „Grüne Emsinsel mit
vielen Freizeitangeboten für Alle“ wird und nicht eine kompakte
Wohnbebauung für Wenige.
Ja, Stadt und Heimatverein haben ein gemeinsames Ziel: Das
historische Warendorf soll eine liebenswerte und lebenswerte Stadt sein,
in der die Bürger gerne leben und von der die Touristen begeistert sind,
weil es eine „Stadt in Wiesen, Stadt in Gärten“ ist, in der man
Geschichte erleben kann.
Ich hoffe, wir können an diesem Ziel gemeinsam erfolgreich
arbeiten.
Mechtild Wolff, Vorsitzende des Heimatvereins e.V.
Celina Wolff trägt das Gedicht: „Pöggsken sit in´n
Sunnenschien“ von Augustin Wibbelt vor.
Und zum Schluss hat Franz Schulze Nahrup, der Baas des
Plattdütsken Krinks noch einen besonderen Gruß an unsere schöne
Heimatstadt. Gemeinsam singen wir das Lied: „Uese Warnduorp“, das er mit
dem „Treckebühl“ begleitet.
Die Struwen werden vom Gadem-Team auf dem mit Holz befeuerten
Küchenherd gebacken und dazu gibt es eine Tasse Mucke-Fuck, so wie ihn
die einfachen Leute hier im Gadem schon vor 100 Jahren getrunken haben.
Dazu laden wir Sie jetzt herzlich ein.
Mechtild Wolff, Vorsitzende des Heimatvereins e.V.
29.3.2024
Es war schon immer so: Wenn die Schneeglöckchen und Krokusse
blühen, dann zieht es den Gärtner in den Garten! Die Spuren des Winters
müssen beseitigt werden.
Ja, früher hatten auch die Bewohner der Innenstadt einen
Garten, der allerdings „vor den Toren der Stadt“ lag, also außerhalb der
Altstadt. Die kleinen Gärten und Innenhöfe hinter den Wohnhäusern in der
Innenstadt wurden als Spielfläche mit einem Sandkasten für die kleineren
Kinder gebraucht und zum Aufhängen der Wäsche. Oft gab es dort auch noch
einen kleinen Auslauf für die Hühner und einen Brunnen, neben dem eine
Bank für eine Verschnaufpause stand. In diesen Innenhof gelangte man
entweder durch das Haus oder durch die schmale Gasse, die zwischen den
Häusern lag. Sie war gerade so breit, dass man mit dem Bollerwagen
durchfahren konnte.
Das Gartenland außerhalb der Altstadt war meistens Pachtland,
das im Besitz von Bürgerfamilien oder oft auch der Kirche war. Es war
parzelliert und mit einem Geflecht von Wegen durchzogen, den
Gartenstiegen.
unser Gartenhäuschen, gemalt von unserem Bruder Otto Göcke |
Auch wir hatten einen Garten, den unser Vater von der Kirche
gepachtet hatte. Durch das Münstertor gingen wir über den Wilhelmsplatz
und den Bahndamm (heute B 64) in die Gartenstiegen mit den über zwei
Meter hohen Hecken. Diese Buchenhecken umgrenzten die Gärten. Ende Juni
und zu Mariä-Himmelfahrt waren die Gartenbesitzer mit dem Schneiden der
üppig gewachsenen Hecken beschäftigt. Das musste damals noch „mit der
Hand“ gemacht werden, elektrische Heckenscheren gab es noch nicht. Das
Unkraut unter der Hecke in der Gartenstiege wurde regelmäßig
„weggeschuffelt“. Schon von außen sollte der Garten prick und sauber
aussehen. Die Gartentore waren sehr einfach, sie bestanden aus einem
großen Brett, das in einem robusten Balkengerüst aufgehängt war und mit
einem Vorhängeschloss abgesperrt werden konnte.
Durch
die Mitte unseres Gartens führte ein breiter Weg zur Laube, vorbei an
einem bunten, mit Buchsbaum eingefassten Blumenbeet. Diese Laube hatte
Vater aus Holz vom Schreiner erbauen lassen. Unser Bruder Otto hat sie
in einem Bild verewigt. Die Gartenlaube war der Ruheplatz für unsere
Eltern. Im hinteren Teil befand sich ein Verschlag für die Gartengeräte.
Vater führte ein Heft mit dem Titel „Garten“, in dem auf der
ersten Seite der Namen des Gartenbesitzers stand mit dem Pachtpreis und
wann bezahlt werden musste. Auf den folgenden Seiten wurden die
Fruchtfolge und der Pflanzplan des jeweiligen Jahres beschrieben.
Spätestens
mit dem Namensfest der hl. Gertrud am 17. März begann die Gartenarbeit.
Eine alte Bauernweisheit sagt: „Gertrud driv de Fulen rut!“ (Gertrud
treibt die Faulen raus!) Im frühen Frühjahr war schon kräftig gedüngt
worden. Der wichtigste Dünger war die Jauche. An diesen „natürlichen
Dünger“ konnte man leicht kommen, denn die meisten Toiletten waren nicht
an die öffentliche Kanalisation angeschlossen, sondern hatten ihre
eigene Aalgrube. Die musste regelmäßig geleert werden.
Wir wohnten in
der Münsterwallschule und ich erinnere mich an den Gestank auf dem
Schulhof, wenn unsere Aalgrube geleert wurde. Der Deckel der Aalgrube
wurde dann abgehoben und mit dem Stielfass, so nannte man den
eimerartigen Schöpflöffel mit dem langen Stiel, rührte man im
Jauchekump. Dann wurde die Jauche Stielfass für Stielfass herausgehoben
und durch einen großen Trichter in das Aaltönnchen gefüllt, das genau
auf unseren Bollerwagen passte. War unser Aalfässchen bis oben voll,
wurde es gut verschlossen und wir mussten es mit dem Bollenwagen zum
Garten bringen. Das taten wir gar nicht gerne, aber danach wurden wir
nicht gefragt. Im Garten wurde die Jauche dann mit dem Stielfass auf dem
Acker verteilt und konnte in den Boden einsickern. Das stank zwar
zuerst, aber der Boden brauchte Dünger - Kunstdünger gab es damals noch
nicht.
Holzken
Stielfass Zum "Jauchzen"
Unser
Garten war durch die beiden Hauptwege in vier Quadrate aufgeteilt. Die
sollten nun „rigolt“, d.h. tief umgegraben werden. Die Mädchen
verrichteten die leichtere Arbeit: mit einer Schaufel hoben wir die
obere Schicht Erde mit dem verfilzten Unkraut ab und warfen die Scholle
umgekehrt in die ausgeschaufelte Rinne. Unser Bruder Otto musste dann
mit dem Spaten senkrecht graben und die Rinne mit Erde füllen. Manchmal
besorgte Vater für diese schweren Arbeiten eine Hilfskraft. War das
Umgraben getan, wurde die Fläche glatt geharkt und in Beete eingeteilt.
Mit Holzschuhen wurden schmale Wege, die Pättkes, getreten, nachdem an
beiden Seiten eine Pattleine gespannt worden war, damit der Weg akkurat
gerade wurde.
Zuerst
kamen die dicken Bohnen in die Erde. Sie konnten Kälte und etwas Frost
vertragen. Eine große Fläche wurde mit Pflanzkartoffeln belegt. Nach und
nach wurden die Pläne des Gartenheftes umgesetzt. Nachdem die
Eisheiligen überwunden waren - am 12. Mai der hl. Pankratius, dann der
hl. Servatius und Bonifatius und am 15. die kalte Sophie - konnte alles
gepflanzt oder gesät werden. Für die Kohlsorten kaufte Mutter in einer
Gärtnerei kleine Pflanzen. Das war praktisch und auch nicht sehr teuer.
Der Kampf gegen das Unkraut gehörte ganzjährig zu den
Gartenmühen; nur ein gepflegtes und unkrautfreies Gemüsebeet
versprach reiche Ernte. Mutter trug bei der Gartenarbeit immer ihren
Sonnenschutz, denn damals war es vornehm, eine blasse Gesichtsfarbe zu
haben.
Auch die Wege und Pättkes wurden regelmäßig mit dem
„Schüffelken“ von Unkräutern befreit. Samstags wurden sie fein
säuberlich geharkt. Mit großem Stolz betraten unsere Eltern dann
sonntags nach der Kirche den gepflegten Garten und freuten sich, wenn
auch der Nachbar einen Blick über den Zaun warf.
Jeden Tag ging unser Vater zum Garten und sah nach dem Rechten.
Alle Gartenmühe wurde belohnt, wenn er den ersten Salat und einen Korb
voll dicker Bohnen und einem schönen Blumenstrauß mit nach Hause
brachte. Nach dem langen Winter war frisches Gemüse eine Köstlichkeit.
Gekauftes Gemüse gab es damals so gut wie gar nicht.
Wenn die Wallfahrtsprozession nach Telgte ging, also Anfang
Juli, gab es erstmals frische Erbsen und Wurzeln aus dem eigenen Garten,
dazu ein gebratenes Hähnchen. Welch ein Hochgenuss! Unsere Mutter machte
eine gute Suppe dazu und zum Nachtisch gab es Stippmilch mit frischen
Erdbeeren - ein echtes Festessen. Über den gesundheitlichen Wert von
Obst und Gemüse wurde gar nicht gesprochen, das war selbstverständlich.
Unsere Mutter war sehr darauf bedacht, jeden Tag frisches Gemüse und
Salat auf den Tisch zu bringen. Bei seinem nachmittäglichen Gang in den
Garten bekam Vater die Order: „Bring bitte einen Bund Wurzeln und
Kartoffeln mit und guck mal, ob wieder ein paar Erdbeeren und Himbeeren
reif sind!“ Und Vater brachte es am Abend heim.
Oft fuhr Mutter mit dem Rad zum Garten. Mit einem Blick sah
sie, was für die nächsten Mahlzeiten geeignet war. Der Garten war ein
Gesundbrunnen für die ganze Familie. Selbstverständlich kamen alle
Kräuter täglich frisch aus dem Garten. In Haunhorsts Garten, unserem
Nachbargarten, gab es sogar ein Spargelbeet. Jeden Morgen und jeden
Abend wurden die Spargelstangen, die ihr weißes Köpfchen aus der Erde
steckten, mit dem langen Spargelmesser gestochen und in ein
Rhabarberblatt gewickelt, das dann in ein tiefes Erdloch gelegt wurde.
Wieder mit Erde bedeckt blieb der Spargel frisch, bis sich genug für
eine Mahlzeit angesammelt hatte. Manchmal reichte der Nachbar ein
Spargelbündel über den Zaun, dann gab es auch bei uns sonntags Spargel.
Im Frühjahr erfreute uns die Pracht der blühenden Bäume. Der
Pfirsichbaum wechselte mit dem Pflaumenbaum, rosa und weiß, später
blühte der rosa-weiße Apfelbaum. Unser aller Lieblingsapfel war der
Grafensteiner. Meine Schwester Hildegard und später mein Neffe Peter
hatten Ende August Geburtstag. Sie durften die ersten Grafensteiner
ernten und voll Genuss in den saftigen Apfel beißen.
Aufmerksam
beobachtete Vater, ob die Beerensträucher ordentlich Früchte ansetzten.
Das war wichtig für den Wintervorrat. Wir Kinder halfen fleißig beim
Ernten der Erdbeeren, Himbeeren, Stachelbeeren und Johannisbeeren.
Mutter war eigentlichen den ganzen Sommer über mit dem Einkochen
beschäftigt. War die Erdbeer-Rhabarber-Marmelade fertig, kam die
Vierfrucht-Marmelade aus Stachelbeeren und roten und schwarzen
Johannisbeeren und Himbeeren an die Reihe. Viele Einmach- und
Marmeladengläser standen in unserem Keller in Reih und Glied und wir
freuten uns schon auf die leckere Stachelbeertorte im Winter. Der Saft
aus Holunderbeeren war unser Wintervorrat an Vitaminen.
Im Herbst fuhren wir mit dem Bollerwagen die Apfelernte nach
Hause. Die guten Äpfel packten wir in die Apfelregale im Keller und die
beschädigten wurden zu Apfelkompott eingeweckt. Köstlich roch es in der
Küche, wenn Mutter Apfelringe und Pflaumen im Backofen trocknete.
Möhren, Rüben, Rotkohl und Weißkohl wurden in einer „Miete“
frisch gehalten, einer sehr alten und bewährten Vorratshaltung. In der
Laube im kleinen Garten am Schulhof hob unser Vater im Herbst eine
kleine Grube aus und legte sie mit Stroh aus. Das Gemüse wurde
ordentlich darin gestapelt und dann mit Stroh abgedeckt. So lagerte es
frostsicher und Mutter konnte sich jederzeit das gewünschte Gemüse für
das Mittagessen aus der Miete holen.
Zu jeder Mittagsmahlzeit gab es in unserer siebenköpfigen
Familie Kartoffeln. Wir deckten uns zu Fettmarkt mit etwa 20 Zentnern
Kartoffeln ein. Dazu kamen zwei Zentner kleine, fest kochende
Sonntagskartöffelchen, die uns der Bauer Fressmann vom Sassenberger
Landweg brachte. In unserem kühlen Keller, der gut belüftet war,
lagerten sie in großen Kartoffelkisten. Der Vorrat reichte bis Ende
Juni, dann gab es die Frühkartoffeln aus dem Garten.
Die Wasserversorgung im Garten wurde früher dem Himmel
überlassen. Für sehr trockene Tage gab es an der Gartenlaube eine kleine
Tonne, die vom Regenwasser des Laubendaches gefüllt wurde.
Der Erfolg der liebevollen Pflege des Gartens blieb nicht aus.
Viele Körbe voll mit Gemüse und Obst sorgten für die ausgewogene und
gesunde Ernährung der Familie. Der wirtschaftliche Vorteil wurde nie
errechnet, von der schweren Arbeit bei oft sengender Hitze, den
Rückenschmerzen und den schwarzen Händen wurde nie gesprochen.
Gartenarbeit gehörte zum normalen Alltag und hat uns trotz aller Mühen
immer mit Freude und Zufriedenheit erfüllt.
Die Autorin Eugenie Haunhorst geb. Göcke
wurde 1912 in Warendorf geboren und wuchs in einer
Lehrerfamilie mit vier Geschwistern in der Münsterwallschule auf. Im
Alter von 90 Jahren begann sie, Erinnerungen aus ihrem Leben im
Warendorf der 1920er Jahre aufzuschreiben. Sie starb 2016 im Alter von
103 Jahren.
Wenn man vor dem Gadem steht, hat man nicht den Eindruck, vor
einem Museum zu stehen. Ein Museum, das ist ein Schloss, eine Burg oder
doch wenigstens ein prächtiges Haus. In Warendorf ist das etwas anders.
Wir haben hier kein zentrales Heimatmuseum im üblichen Sinne, in dem
alle Schätze ausgestellt werden, die unsere Stadt besitzt. Warendorf hat
ein „Dezentrales Stadtmuseum“, das aus fünf Museumshäusern besteht, in
denen das Alltagsleben in einem kleinen Landstädtchen gezeigt wird, in
denen gezeigt wird, wie die Menschen zu verschiedenen Zeiten und in
verschiedenen Lebenssituationen gelebt haben.
Dazu gehört das Rathaus am Marktplatz mit dem historischen
Ratssaal – das hochherrschaftliche Haus Klosterstraße 7 mit den
prächtigen handgedruckten Bildtapeten, das von dem preußischen Hof Dr.
Katzenberger erbaut wurde – das Fabrikantenhaus Bispinck an der
Münsterstraße, in dem eine Fabrikantenfamilie wohnte – das
Torschreiberhaus mit dem Büro und der Wohnung des Torschreibers – und
das Gadem am Zuckertimpen, in dem man das Leben der „einfachen Menschen“
erleben kann.
All diese Museumshäuser kann man jeden Sonntag von 15-17 Uhr kostenfrei besichtigen. Man erkennt sie an der kleinen Warendorf-Fahne.
Ein Gadem ist ein „Kleine-Leute-Haus“, meistens in einer
Seitenstraße, im Hinterhof oder am Stadtrand gelegen. Oft wurde es von
Kaufleuten als Altenteil erbaut oder als Mietobjekt zur
Altersversorgung. In einem Miet-Gadem - es gab früher 360 Gademe in
Warendorf, heute sind es noch ca. 60 - wohnten einfache Handwerker,
Tagelöhner und auch einfache städtische Beamte, wie z.B. der
Lampenanzünder, der Turmbläser oder der Nachtwächter, aber auch Witwen
und unverheiratete Frauen, also Menschen, die zwar nicht arm, aber auch
nicht zur wohlhabenden Bürgerschaft gehörten. Interessant ist, dass
damals auch Chirurgen und Notare zu dieser Bevölkerungsschicht gehörten
und in Miet-Gademen wohnten. In diesen kleinen Häuschen lebten oft mehr
als 10 Personen, mit ihrem Schwein, ihrer Ziege, den Hühnern und dem
Hund und der Katze. Die Tiere kamen aber nur abends ins Haus, über Tag
wurden sie auf die Straße getrieben und ernährten sich von den Abfällen,
die auf die Straße geworfen wurden. Eine Müllabfuhr gab es damals noch
nicht, darum hatte jedes Haus einen Misthaufen vor der Tür, auf den
alles, was man nicht mehr brauchte, geworfen wurde. Schmutziges Wasser
kippte die Hausfrau nach dem Spülen und nach dem Waschen in die „Gosse“.
Das tat jeder so, darum entstand hier ein kleines Rinnsal. Man
verbrauchte aber längst nicht so viel Wasser wie heute, denn alles
Wasser musste mit dem Eimer von der Pumpe geholt werden. Fließendes
Wasser gab es in Warendorf erst ab 1907, hier in diesem Gadem gab es
auch 1925 noch keinen Wasseranschluss.
Gepflastert waren die Straßen damals noch nicht, bei
Trockenheit staubte es hier sehr und bei Regen war es noch viel
schlimmer, dann verwandelte sich die Straße in Schlamm und Matsch und
war kaum passierbar.
Im 18. Jahrhundert wurden die Gademe zunehmend von Kleinbürgern
erworben, so auch das Gadem Zuckertimpen 4. Heute wird hier gezeigt, wie
das Wohnen in den 1920er Jahren im Gadem ausgesehen haben könnte.
1925 war der Fuhrmann Heinrich Rolf (*1879) der Besitzer dieses
kleinen Häuschens. Er wohnte hier mit seiner Frau Elisabeth und seinen
drei Kindern Paul, Hedwig und Robert. Fuhrmann Rolf verdiente sein Geld
mit dem Transport von Waren, vielleicht mit einem Pferdewagen oder auch
mit einem Handwagen oder einer Schubkarre. Damit konnte er den
Lebensunterhalt seiner Familie sichern und sich dieses kleine Häuschen
kaufen. Aber das Geld reichte nicht, um allein in dem Haus zu wohnen,
darum hatte er einen Einlieger, also eine Familie, die mit ihm das Haus
bewohnte. Das war der Lokomotivputzer August Droste mit seiner Frau und
zwei Kindern.
Im Gadem rechts
von der Eingangstür liegt die „Gute Stube“ der Familie des
Hauseigentümers Rolf. Sie wurde nur zu besonderen Gelegenheiten geheizt,
zu Weihnachten, zu Ostern, zu Familienfesten und wenn der Pastor zu
Besuch kam. Die Gardinen in der guten Stube sind besonders elegant. Sie
wurden aus einem ehemaligen Bettüberwurf genäht, der in einer
wohlhabenderen Kaufmannsfamilie als Tagesdecke gedient hatte. Ein gutes
Beispiel für die Weiterverwendung von Textilien.
Das Alltagsleben der Hausbesitzerfamilie fand in der kleinen
Wohnstube statt. Die Familie des Fuhrmanns saß um den Tisch herum und
wer Glück hatte, bekam den gemütlichen Platz auf dem alten Ledersofa.
Hier machten die Kinder ihre „Schularbeiten“, hier stopfte die Mutter
die Socken und der Vater rauchte nach Feierabend sein Pfeifchen.
Der
Mieter August Droste hatte vorne links seine Wohnstube, in der das
tägliche Leben stattfand. Auf dem kleinen Kanonenofen konnte auch
gekocht werden, aber die Mahlzeiten wurden sicher auf dem großen Herd in
der Küche zubereitet. Im Obergeschoss hatte die Familie ihre
Schlafkammer, in der sie alle zusammen in einem Zimmer schliefen. Die
Kinder teilten sich ein Bett.
In der Flurküche fällt der erste Blick auf den Herd, auch
Kochmaschine genannt, der mit Holz oder Kohle beheizt wurde. Hier
kochten die Besitzerfamilie Rolf und sicher auch der Einlieger Droste -
der Herd war das Zentrum des Hauses. In dem großen Küchenschrank
befanden sich alle Lebensmittel. Im Brotkasten sind noch heute
„Knabbeln“ zu finden, denn Vater aß morgens „Kaffee mit Beschüte“.
Links neben dem Küchenschrank hängt ein „Ewiges Handtuch“, ein
Gerstenkornhandtuch, das mit einem Spitzendurchsatz aneinander gehäkelt
und über einen Rundstab gehängt wurde. Hier suchte sich jeder eine
trockene Stelle zum Abtrocknen der Hände.
Neben dem Küchenschrank ist der Vorrat und wenn man die
Bodenklappe öffnet, kann man eine kleine Treppe in eine weitere
Vorratskammer heruntergehen. Sie liegt etwas tiefer, damit die Vorräte
kühl bleiben. Im Vorratsraum sieht man den Stolz der Hausfrau: viele
Einmachgläser mit Birnen, Pflaumen, Pfirsichen und Stachelbeeren, dazu
die Marmeladengläser und die Schmalztöpfe. Das Pökelfass mit den
Schnibbelbohnen und das Sauerkrautfass durften auch nicht fehlen. In
einem braunen Tontopf wurden die Eier in Wasserglas eingelegt, damit
auch in der eierarmen Zeit ein leckerer Kuchen gebacken werden konnte.
Möhren und Kartoffeln kamen in die Miete im kleinen Garten hinter dem
Haus. So hatte die Hausfrau das gute Gefühl, gut für den Winter
vorgesorgt zu haben. Ja, ein gut gefüllter Vorratskeller war der Stolz
der Hausfrau.
Früher,
und das ist noch gar nicht so lange her, kaufte die Hausfrau nur das,
was sie nicht selbst herstellen konnte: Salz, Gewürze, Mehl, Hering und
beim Milchmann Butter und Käse und die Milch in der guten alten
Milchdüppe. Wer es sich leisten konnte, kaufte gelegentlich Fleisch beim
Metzger oder Fisch im Fischgeschäft. Zu Weihnachten wurden Nüsse und
Mandeln und Kardamom im Kolonialwarenladen gekauft - diese Waren kamen
aus den Kolonien.
Im Stall hinter der Spülküche wurde ein Schwein fettgefüttert.
Vor Weihnachten kamen der Schlachter und die „Wurstefrau“ und endlich
gab es Fleisch im Überfluss. Aber auch das Fleisch musste lange reichen,
es wurde in Gläser eingekocht, eingepökelt und zu Würsten verarbeitet,
die mit dem Schinken zusammen im Rauchfang geräuchert wurden, um haltbar
gemacht zu werden. Der Flomen wurde ausgelassen, so wurden auch die
Schmalztöpfe wieder gefüllt.
Fast jeder Bürger hatte damals einen Kamp, also einen Acker
oder einen Garten vor den Toren der Stadt. Da pflanzte man Gemüse und
Obst, Kartoffeln und Kräuter an, pflegte den Garten über den Sommer und
erntete im Herbst.
Geht man links am Herd vorbei, kommt man in die Waschküche.
Hier finden sich alle Gerätschaften, die um 1925 zum Waschen gebraucht
wurden, Kernseife, Sand und Soda, Rubbelbrett und Stampfer, Eimer,
Kannen und die Waschbütt. Auf der Wasserbank standen die Eimer, die an
der Pumpe mit Wasser gefüllt worden waren, denn dieses Haus hatte ja
1925 noch kein fließendes Wasser, jeder Eimer Wasser musste von der
Pumpe geholt werden, eine sehr mühsame Arbeit. Darum ging man zum
Waschen und Spülen der „Großen Wäsche“ gern an die Ems zum Waschbrett.
Zum Trocknen wurde die Wäsche im Garten aufgehängt. In der Ecke der
Waschküche hängt eine Klammerschürze mit dem guten Wunsch „Schön Wetter“
- sie ist gefüllt mit schönen, oft noch handgeschnitzten
Holzwäscheklammern.
Die
fertige Wäsche kam in einen Wäschekorb, der mit einem bestickten
„Rolltuch“ abgedeckt war. So wurde die saubere Wäsche geschützt, wenn
sie auf Rollen gewickelt zum Kaltmangeln gebracht wurde. An der Wand in
der Waschküche hängt ein Wandschoner mit dem Spruch: „Wie alles in der
Küche blank, so sei es auch die Wasserbank.“ Hinter diesen Tüchern
verbarg man oft stockfleckige oder unansehnliche Wandflächen.
Vom
Flur aus geht eine enge Treppe hoch zu den Schlafräumen. Vorne befindet
sich das Schlafzimmer der Eigentümerfamilie Rolf. Auf den Betten liegen
warme Federbetten mit einem Leinenbezug. Im Spitzeneinsatz steht „Gute
Nacht“ und „Schlafe wohl“. Ausgebreitet auf dem Bett liegt ein
Männerhemd, das sowohl als Tageshemd als auch ein Nachthemd dienen
konnte. Auf dem anderen Bett sieht man ein Frauennachthemd mit passender
Hose, verziert mit Klöppelspitzen und Monogramm. Die dazu passende
Nachtmütze, die um 1925 noch vielfach getragen wurde, hängt auf dem
Bettpfosten. Am Fußende steht die Babywiege für den jüngsten Spross der
Familie.
Elternschlafzimmer | Mantelstock | Kinderzimmer |
Im
Leinenschrank präsentiert sich der ganze Stolz der Hausfrau: die
Wäscheaussteuer mit Bettwäsche, Tischwäsche, Handtüchern,
Überhandtüchern und Schürzen. Am Schrank hängt der Gehrock, das
Kleidungsstück für festliche Anlässe oder den sonntäglichen Kirchgang.
Außerdem sieht man leinene Männerhemden und eine tailiierte Jacke,
„Taille“ genannt mit Streifen im Blaudruckverfahren. Das Kinderzimmer
befindet sich neben der Bodentreppe. Hier schliefen die zwei älteren
Kinder der Besitzerfamilie. Auf den Stühlen sieht man eine geteilte
Unterhose für Mädchen und viele andere, auch indigogefärbte
Leinen-Unterwäsche. Auch der Schutzengel darf nicht fehlen, hier ist er
gestickt auf einem Wandbehang.
Im
nächsten Raum schlief die Mieterfamilie Droste: Vater, Mutter und die
zwei Kinder, die sich ein Bett teilten. Die Hauswäsche und die
Kleidungsstücke wurden in einer Truhe aufbewahrt. Kleider, die nicht
gefaltet werden sollten, hingen im Mantelstock in der Ecke.
Die
Kammer direkt links an der Treppe mit der besonders schön gestalteten
Glastür bewohnte die unverheiratete Tante Lucie. Sie arbeitete im
Krankenhaus und nähte gerne, darum stand in der guten Stube auch die
hochmoderne Nähmaschine. Auf der blauseidenen Steppdecke des Bettes,
liegt eine Tasche mit Spitzenbesatz und dem Schriftzug „Gute Nacht“, in
der tagsüber die Nachtwäsche und nachts die Tageswäsche aufbewahrt
wurden. Die Bretter des Wäscheschrankes tragen den so gerne verwendeten
gestickten Spruch:
„Geblümt im Sommerwinde, gebleicht auf grüner Au,
liegt still es hier im Spinde, als Stolz der deutschen Frau“.
Ein
schöner Nebenverdienst war auch das Vermieten von Betten an Kostgänger.
Das waren meistens junge Leute, oft sogar Schüler des Gymnasium
Laurentianum, die bei der Familie Rolf in Kost und Logis waren. Sie
hatten ihr Bett wahrscheinlich in dem mittleren Zimmer. Oft teilten sich
mehrere junge Leute ein Zimmer. Sie aßen als „Kostgänger“ mit am Tisch
der Familie.
In jedem der Schlafräume findet sich noch eine Vielfalt an
Kleidungsstücken und insbesondere die „Unaussprechlichen“, die
Unterhosen mit langen, geteilten Beinen, die Klapphosen und die feinen
Hosen mit Rüschen und Spitzen.
Natürlich hat jeder Schlafraum sein „Waschlampet“, die
Waschschüssel mit der Kanne. Auch das Nachttöpfchen unter dem Bett und
der bequeme Nachstuhl neben dem Bett dürfen nicht fehlen.
Warum das Nachtgeschirr im Schlafzimmer so wichtig war, begreift
der Besucher schnell, wenn er den weiten Weg durch den Flur, die Wasch-
und Spülküche, den kleinen Stall, wo das Schweinchen gemästet wurde, bis
in den Hof gegangen ist. Dort befindet sich die Tür mit dem Herzchen,
hinter der sich ein echtes Plumpsklo verbirgt, mit fein säuberlich
geschnittenem Zeitungspapier für besondere Zwecke, aufgespießt auf einem
festen Drahthaken.
Im
Stall wurde das Schweinchen fett gefüttert, Weihnachten überlebte es
meistens nicht. Hier stehen auch der Bollerwagen und die Acker- und
Gartengeräte, hier hängen eine blaue Arbeitsschürze aus indigogefärbtem
Leinen und der „Schlapphut“, der bei der Feld- und Erntearbeit von den
Frauen getragen wurde. Er schütze gegen die Sonne und den Staub. Der mit
Peddigrohr versteifte Rand sorgte für einen luftigen Abstand von Kopf
und Nacken.
All diese Gerätschaften werden gebraucht für die Pflege des
kleinen Gartens, in dem natürlich auch ein paar Hühner herumlaufen.
Darum ist das Beet mit den Blumen auch eingezäunt. Eine gute Hausfrau
hatte immer frische Blumen auf dem Tisch stehen, die sie hier aus dem
Garten holte. An der Wand zum Nachbargarten findet man noch heute eine
Vielzahl Küchenkräuter, die für jede Mahlzeit frisch gepflückt wurden.
Die Hühner versorgten die Familie mit frischen Eiern und sie und das
Schwein fraßen alles, was in der Küche nicht mehr gebraucht wurde -
Kartoffelschalen, Möhrenschalen und Erbsenschoten, Salatblätter und alle
Essensreste. Man ließ nichts verkommen!
Sonntags setzte sich die Familie gern in den Garten unter den Pflaumenbaum. Eine Ruhebank gab es auch in der Ecke an der alten Stadtmauer, ein ganz besonders schöner Platz zum Kartoffeln schälen oder für eine kurze Verschnaufpause.
Bollerwagen (Leiterwagen) zum Transport der Gartengeräte, der Ernte,
etc.
Mechtild
Wolff
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Der Warendorfer Friedhof - Spiegel der Stadtgeschichte
Gebr. Hagedorn und Co, eine Landmaschinenfabrik mit Eisengießerei
Das Dezentrale
Stadtmuseum
ist in der Regel an Sonntagen von 15:00 - 17:00 Uhr geöffnet. Dazu
gehören das Rathaus, das Bürgerhaus Klosterstraße 7 mit den
handgedruckten Bildtapeten und das Gadem am Zuckertimpen 4
Der Eintritt ist frei.